Psychisch und/oder körperlich?

Dass Schmerzen durch psychische Ursachen verstärkt oder oft chronisch werden, bedeutet nicht, dass sie nicht tatsächlich vorhanden sind. Menschen, die über Schmerzen klagen, leiden wirklich darunter, auch dann, wenn sich keine eindeutige  körperliche Ursache finden lässt.

Die wesentliche Struktur im Gehirn, das „limbische System „ welche für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist, ist sehr eng verknüpft mit den Schmerzzentren im Gehirn.  Daher verstärkt eine emotionale Belastung vorhandene Schmerzen.  Umgekehrt führen Schmerzen zu emotionalen Veränderungen.  Das kann sich gegenseitig aufschaukeln.

Durch Stress, folgender Muskelverspannung, Bewegungseinschränkung, zunehmender Erschöpfung und  Ängsten,  sozialem Rückzug und hieraus resultierendem innerem Stress kommt es zu einem Teufelskreis mit zunehmenden Beschwerden.

Ein „psychischer Schmerz“ ist tatsächlich da, es handelt sich nicht um eine Einbildung oder Simulation.

Wer länger Schmerzen hat, wünscht zumeist  eine eindeutige Diagnose.

Wenn diese Erwartung nicht erfüllt wird und keine eindeutige Ursache gefunden wird, dann  heißt es manchmal, es kann nur psychisch sein. Häufig fühlen sich manche Betroffene dann als nicht ernst genommen und reagieren enttäuscht, fürchten als „Simulant“ abgestempelt zu werden. Sie glauben in die „Psycho“-Schublade gestellt zu werden. Sie befürchten, der Arzt habe das Interesse an Ihnen verloren. Manchmal trifft dies sogar zu.

Bei anderen hingegen bleiben  psychischen Faktoren leider völlig unberücksichtigt.  Die Ärzte reagieren dann oft auf die Erwartung und Hoffnung des Patienten nach einem eindeutigen körperlichen Befund. Sie versuchen,  eine mögliche Enttäuschung   des Patienten für eine Weile aufzuschieben. Minimale Befunde können dann zur alleinig erklärenden Ursache der Beschwerden erklärt werden oder die körperlichen Untersuchungen werden immer weiter ausgeweitet. Öfter werden Patienten zu immer anderen Spezialisten weggeschickt, erleiden wiederholte invasive Maßnahmen, häufig ohne bleibenden Nutzen.

 

Sinnvoll ist  wenn Behandler und der Betroffene von Anfang an bereitsind, psychosoziale Faktoren in die Überlegung einzubeziehen. Es wäre wünschenswert, wenn von Anfang an alle beteiligten Aspekte und Wirkfaktoren  ganzheitlich im Blick bleiben und behandelt werden.

Dies gelingt nur, wenn die Befunde und Beschwerden gemeinsam durchgesprochen werden und die bisherigen Hypothesen über die Krankheitsursache   immer wieder gemeinsam überprüft werden.

Häufig ist eine Kombination körperlicher und  psychischer Faktoren.

Wenn jemand Schmerzen hat, dann kann man unterscheiden:

  • rein organisch bedingte Symptomatik
  • organische Ursache mit psychischer Mitbeteiligung
  • psychische Ursache ohne jeglichen organischen Befund

 

Bei chronischen Schmerzen wird in 40-50% eine depressive Störung festgestellt. Umgekehrt leiden bis zu 75% aller depressiven Patienten an Schmerzen. Einerseits kann der Schmerz die Ursache für eine Depression darstellen, andererseits verändert eine depressive Störung das Schmerzempfinden,  sowie den Umgang mit den Schmerzen.  Es gibt allerdings auch genetische Faktoren, welche sowohl das Risiko für das Auftreten von Schmerz und auch von Depressionen erhöhen.

Bei Patienten mit chronischen Schmerzen finden sich  auch häufiger  Angststörungen, manchmal als eigenständige Störungen.  Oder aber die Angst bezieht sich nur auf die Schmerzen.

Schmerzen sind  zumeist nicht entweder organisch oder psychisch, sondern an der Entstehung und auch Aufrechterhaltung von Schmerzen sind stets verschiedenste biologische, psychologische und soziale Faktoren beteiligt. Psychosoziale Faktoren spielen zu mindestens eine entscheidende Rolle für den Krankheitsverlauf und sollten früh im Behandlungsverlauf thematisiert werden. Zumeist besteht  eine Interaktion körperlicher und psychischer Faktoren.

Fast jeder Schmerz hat zumeist auch eine körperliche Ursache. Psychische Faktoren können jedoch dazu führen, dass sich die Schmerzen verstärken. Dass Schmerzen durch psychische Ursachen verstärkt werden, bedeutet jedoch nicht, dass sie nicht tatsächlich vorhanden sind.  Die meisten Menschen, die über Schmerzen klagen, leiden wirklich darunter, auch wenn sich manchmal keine eindeutige  körperliche Ursache finden lässt

 

Welche Fragen kann man sich selber stellen?

  • Wie gehe ich mit dem Schmerz um.
  • Befürchte ich eine Katastrophe?
  • Ist mir Antrieb und Freude verloren gegangen?
  • Bin ich beruflich oder privat überlastet?
  • Fühle ich mich einsam und isoliert?
  • Welche unlösbaren Konflikte belasten mich?
  • Gab es einschneidende Lebensereignisse, als die Beschwerden begannen?